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Agrargipfel in Teisendorf am 1. Oktober 2018

Von Wahlkampf wenig zu spüren – Klöckner und Kaniber sprechen zur Sache

Wer sich als Zuschauer beim Besuch der Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner und Staatsministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Michaela Kaniber im Teisendorfer Poststall am 1. Oktober auf knackige Wahlkampfstimmung gefreut hatte, wurde enttäuscht. Die beiden Ministerinnen konzentrierten sich auf die Belange ihres Amtes und traten ihrem Publikum fachkompetent sowie mit bestechender Sachlichkeit zu drängenden Fragen der Landwirtschaft entgegen. Selbst die aktuellen Aufreger um Gülleverordnung, Bedrohung von Nutztierherden durch Wölfe oder die Neuregelung zur Kastration von Eber Ferkeln unter Betäubung etc. wurden von beiden ausgewogen und vernunftbesetzt abgehandelt. Dabei nahmen beide Damen kein Blatt vor den Mund und wiesen darauf hin, dass ihre Ministerien keine Erfüllungsgehilfen von Bauernvereinigungen seien, sondern Institutionen der Landes- und der Bundesregierung. Sie haben den Interessen aller, auch der nicht in der Landwirtschaft engagierten Bürger, zu entsprechen. Problemlösungen müssen deshalb stets ganzheitlich erarbeitet werden. Beide Ministerien seien über den angegliederten Fachbereich Ernährung auch dem Verbraucherschutz verpflichtet. Zu den Vorrednern der beiden Politikerinnen zählte Gitti Leitenbacher, Vorsitzende der CSUArbeitsgemeinschaft Landwirtschaft (AGL) im Berchtesgadener Land. Sie beschrieb u.a. den Wandel des gesellschaftlichen Status’ der Bauern hin zu einem der meist gescholtenen Berufsstände im Land. Bauern würden von vielen Bürgern primär als Umweltverschmutzer und Tierquäler betrachtet. Daran sei u.a. eine intensive Öffentlichkeitsarbeit von solchen Kritikern schuld, denen ausreichende Fachkompetenz für den Beruf des Landwirtes abzusprechen ist. Leitenbacher beklagte aber auch einen immer schlimmer werdenden Wust an zu beachtenden staatlichen Vorschriften und durch umständliche Meldeverfahren verursachten inakzeptablen Verwaltungsaufwand. Julia Klöckner entgegnete ihr bezogen auf die Aussage zu stimmungmachenden Tier- und Naturschützern mit dem Hinweis darauf, dass eine pauschale Umkehrung aber auch nicht gelten darf. Das Reaktionsprinzip: „Alle Tier- und Naturschützer sind Bauernfeinde“, sei so nicht aufrecht zu erhalten. Die großen Tier und Naturschutzorganisationen hätten durchaus auch sinnvolle Anstöße zu positiven Veränderungen in der Landwirtschaft gegeben. Allerdings habe die Ministerin über ständig öffentlich publizierende Leserbrief-Landwirtschaftsbesserwisser ohne nachgewiesene Fachkenntnis keine gute Meinung. Von Tierschützern inszenierte Tierschutzverstöße oder Beschaffung von Informationen durch Hausfriedensbruch seien nach ihrer Auffassung juristisch streng zu ahnden. Die für die besondere Situation der kleinbäuerlich strukturierten Regionen in der Alpenregion ungünstige Förderlösung, scheint in Bund wie Land verstanden. Ob es den Politikerinnen gelingen wird, die insbesondere bei Kleinbauern gegebene Benachteiligung durch die aktuelle Flächenförderung befriedigend zu verändern, bleibt abzuwarten. Denn hier hat ja auch die EU ein gewichtiges Wörtchen mitzureden. Staatsministerin Kaniber versprach, sich bei dieser Frage auch für die vielen Nebenerwerbsbauern einzusetzen. Bauer sei schließlich Bauer. Eine Ermahnung mochte Bundeslandwirtschaftsministerin Klöckner den Anwesenden nicht ersparen. Die Landwirtschaft befinde sich in einem dramatischen Umbruch hin zu mehr Nachhaltigkeit bei zugleich geforderter Effizienzsteigerung. Wer sich auf die neuen Verhältnisse nicht einstelle und alles beim Alten belassen möchte, für den werde der Zug in die Zukunft recht bald ohne ihn oder sie abfahren. Jede hinterlassene Lücke werde dann von der Agrar-Großindustrie geschlossen und das hätte schwerwiegende Auswirkungen auf die noch einigermaßen gesunde Erzeugerstruktur, wie sie etwa in Oberbayern gegeben sei. Die Anwesenden bei der Veranstaltung durften einen markanten Eindruck von den beiden Damen in Amt und Würden mitnehmen. Kompetenz erlaubt Klartext und Bemühen um Ausgleich der Interessen, muss nicht Abstriche an den unbedingten Durchsetzungswillen bei gesteckten Zielen zum Wohle von Landwirtschaft und Verbrauchern bedeuten.


HG/PZ Foto: Pit Zuckowski